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„Protokoll Null“

  • GearFreakLX
  • vor 3 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

english text below



Als Leo sich für das Experiment in der Helix-Klinik meldete, wusste er nur vage, worauf er sich einließ. „Freiwillige für ein neurologisches Studienprojekt gesucht“, hatte es in der Anzeige geheißen. Keine Risiken, nur Beobachtung, stand da. Und eine großzügige Aufwandsentschädigung.


Doch schon bei der Ankunft wurde ihm klar: Hier ging es nicht nur um Wissenschaft – sondern um das Ausloten von Grenzen. Seinen eigenen vor allem.


Die Klinik war steril, aber nicht kalt. Der behandelnde Arzt – Dr. Halber – war ruhig, fast unheimlich gelassen. „Wir testen ein Mittel, das bestimmte Nervenverbindungen temporär hemmt. Sie behalten volles Bewusstsein, aber verlieren für einige Stunden die motorische Kontrolle.“ Seine Stimme war sachlich, fast zu nüchtern für das, was er da beschrieb.


Leo nickte. Ein Teil von ihm war nervös. Der andere – neugierig. Vielleicht sogar… erwartungsvoll.


„Sie werden sich ganz auf uns verlassen müssen“, sagte Halber. „Das ist Teil des Experiments: Wie gehen Menschen mit vollständigem Kontrollverlust um – wenn sie ihn bewusst wählen?“


Leo wurde auf eine Liege geschnallt. Nichts Zwanghaftes, alles professionell. Und doch: Der Moment, in dem der Schlauch durch die Nase eingeführt wurde, hatte etwas Symbolisches. Es war, als gäbe er dem System sein Vertrauen – ganz körperlich.


Das Mittel wirkte schnell. Innerhalb weniger Minuten spürte er, wie seine Beine nachgaben. Seine Arme wollten sich bewegen, doch da war nichts – keine Antwort. Nur Stille im Körper.


„Wie fühlen Sie sich?“ Halbers Stimme war nah, beruhigend. Leo wollte antworten, aber auch die Zunge schien schwerer geworden zu sein. Ein leichter Druck auf der Brust, aber keine Angst. Keine Schmerzen.


Nur: Abhängigkeit.


Ein Pfleger – Tim – kam ins Zimmer, ruhig, kontrolliert. Er sprach mit ihm, behandelte ihn wie einen Patienten. Doch in seinem Blick lag mehr: Er beobachtete ihn. Nicht aus Mitleid. Aus Interesse. Als sei Leo selbst ein Messinstrument, das gerade erste Werte ausspuckte.


Stunden vergingen. Halber stellte Fragen. Leo antwortete, so gut er konnte. Über Empfinden. Gedanken. Vertrauen.


Doch unter der Oberfläche passierte etwas anderes. Leo erkannte, dass er – aus freien Stücken – seine Autonomie abgegeben hatte. Und dass darin eine seltsame Art von Freiheit lag. Keine Entscheidungen. Keine Kontrolle. Nur sein Geist, eingesperrt in einem fremdgeführten Körper.


Als das Mittel schließlich nachließ, kamen die Bewegungen langsam zurück. Erst ein Finger. Dann ein Bein. Schließlich richtete er sich auf – erschöpft, aber wach wie nie.


„Sie haben gut reagiert“, sagte Halber. „Besser als viele. Manche kämpfen dagegen an. Sie haben es zugelassen.“


Leo schwieg. In ihm arbeitete etwas. Ein Nachhall des Kontrollverlusts – und das Wissen, dass er ihn zugelassen hatte. Nicht aus Schwäche. Sondern aus Stärke.





Leo hatte gedacht, dass das Schlimmste hinter ihm lag. Doch das Team in der Helix-Klinik war noch nicht am Ende ihres Protokolls angelangt.


„Die erste Phase diente dem motorischen Entzug. Die zweite – dem vegetativen“, erklärte Dr. Halber, ohne Emotion. „Wir wollen beobachten, wie der Körper auf vollständige Entlastung reagiert – wenn alles, was sonst im Hintergrund abläuft, plötzlich kontrolliert wird.“


Leo schluckte. Nicht aus Angst – eher aus einer dunklen Vorahnung. Alles in dieser Klinik geschah mit seiner Zustimmung. Er hätte jederzeit abbrechen können. Und doch: Etwas in ihm wollte weiter. Vielleicht war es Neugier. Vielleicht etwas Tieferes.


Diesmal war es keine Spritze, sondern eine Magensonde. Der Schlauch wurde vorsichtig, aber bestimmt eingeführt. Das Gefühl war fremd, aber nicht schmerzhaft. Als das kühlende Mittel langsam seinen Weg fand, wusste Leo: Jetzt ging es um mehr als Bewegung. Jetzt ging es um das Innenleben.


Halber notierte Reaktionen. Tim war wieder da – schweigend, beobachtend, beinahe wie ein Spiegel.


„Sie werden sich in den nächsten Stunden vollständig von uns abhängig fühlen“, sagte er ruhig. „Aber alles ist unter Kontrolle.“


Leo spürte, wie sein Körper langsam entgleiste – nicht nur physisch, sondern auch auf einer tieferen, vegetativen Ebene. Wärme, Druck, Signale aus seinem Inneren. Er konnte nichts dagegen tun. Musste zulassen. Musste beobachten, was geschah, wenn selbst die unbewussten Abläufe aus der Hand gegeben wurden.


Doch was ihn überraschte: Er fühlte sich nicht entwürdigt. Im Gegenteil – in der totalen Fremdbestimmung war etwas Reines. Eine Art Leere, die Platz machte für… neue Gedanken.


Nicht jeder wäre dafür bereit gewesen. Aber Leo war es. Noch.




Part 1: Protocol Zero





When Leo signed up for the experiment at the Helix Clinic, he only had a vague idea of what he was getting into.

“Volunteers needed for a neurological research project,” the ad had said.

No risks. Just observation. And a generous compensation.


But the moment he arrived, it was clear: this wasn’t just about science — it was about pushing limits. His own, most of all.


The clinic was sterile, but not cold. The doctor in charge — Dr. Halber — was calm, almost unnervingly composed.

“We’re testing a substance that temporarily blocks certain nerve connections. You’ll remain fully conscious, but lose motor control for several hours.”

His tone was clinical. Almost too neutral for what he was describing.


Leo nodded. A part of him was nervous. The other — curious. Maybe even… expectant.


“You’ll have to rely on us completely,” Halber continued. “That’s part of the experiment: how people handle complete loss of control — when they choose it willingly.”


Leo was strapped to a reclining chair. Not forcefully — everything was professional. And yet, the moment the nasal tube slid in, it felt symbolic. He was giving himself over — literally, physically — to the system.


The drug worked quickly. Within minutes, his legs gave out. His arms tried to respond — nothing. Silence inside his body.


“How do you feel?” Halber’s voice was calm, close. Leo wanted to answer, but even his tongue felt heavy. A slight pressure in his chest. But no fear. No pain.


Only: dependence.


A nurse — Tim — entered. Quiet. Controlled. He spoke to him like a patient, but his gaze held something else. Observation. Not pity — interest. As if Leo himself were a measuring device, slowly generating data.


Hours passed. Halber asked questions. Leo answered as best he could — about sensation, thought, trust.


But something deeper was happening: Leo realized he had voluntarily given up his autonomy. And in that, there was a strange kind of freedom.

No decisions. No control. Just his mind — trapped in a guided body.


When the drug finally wore off, movement returned slowly. A finger. A leg. Eventually, he sat up — exhausted, but more awake than ever.


“You responded well,” Halber said. “Better than most. Some resist. You allowed it.”


Leo said nothing. But inside, something stirred. A reverberation of the loss of control — and the realization that he had chosen it.

Not out of weakness. But out of strength.




Part 2: The Second Circle




Leo had thought the worst was over. But the team at Helix Clinic wasn’t finished yet.


“The first phase involved motor disconnection. The second — the autonomic system,” explained Dr. Halber, without emotion.

“We want to observe how the body reacts to total relief — when all the things that usually run in the background are taken over.”


Leo swallowed. Not out of fear — more like dark anticipation. Everything in this clinic happened with his consent. He could stop it at any time. And yet: something inside him wanted to continue. Curiosity, maybe. Or something deeper.


This time, it wasn’t an injection. It was a gastric tube. Inserted gently but firmly. The sensation was foreign, but not painful.

When the cooling liquid began to flow, Leo knew: this time it was about more than movement. It was about his insides.


Halber observed closely. Tim was there again — silent, watching, almost like a mirror.


“In the coming hours, you’ll be entirely dependent on us,” he said. Calm. Reassuring. “But everything is under control.”


Leo felt his body slip away — not just physically, but on a deeper, visceral level. Warmth. Pressure. Signals from within.

He could do nothing.

He had to let it happen.

Had to watch what unfolded when even the unconscious parts were no longer his own.


But what surprised him: he didn’t feel humiliated. Quite the opposite — in this total external control, there was something pure.

An emptiness that made room for… something else.


Not everyone could handle this. But Leo could. For now.




 
 
 

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